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Aktuelles
Zum Todestag am 1. August und Liturgischen Gedenktag am 2. August des Seligen Kaplan Gerhard Hirschfelder
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„Wer der Jugend den Glauben an Christus aus dem Herzen reißt, ist ein Verbrecher!“
Für diesen Satz seiner Sonntagspredigt ging Kaplan Gerhard Hirschfelder ins KZ Dachau und starb dort am 1. August 1942. Gerhard Hirschfelder war seit 1939 Jugendseelsorger in der Grafschaft Glatz in Niederschlesien, der Heimat meiner Eltern. Meine Eltern haben ihn selbst erlebt. Am 19. September 2010 wurde Gerhard Hirschfelder im Dom zu Münster seliggesprochen.
Gerhard Hirschfelder hat im KZ Dachau beeindruckende Kreuzweggebete verfaßt. Daraus möchte ich einige Auszüge vorstellen.
Sein Einleitungsgebet lautet:
„Christus, mein Heiland! Ehe Dein Leiden begann, gingst Du mit Deinen Aposteln auf den Ölberg. Doch Zeugen Deines Leidens sollten nur drei von ihnen sein. Drei Worte sprachst Du zu ihnen: ‚Bleibet hier! Wachet! Betet!‘ Auch ich bin augenblicklich von Dir auserwählt zu leiden. Herr, ich danke Dir dafür. Weil es Dein Wille ist, will ich am Orte des Leidens bleiben, solange du willst. Wachen will ich als treuer Wächter mit starker Tapferkeit, beten will ich mit Dir: „Herr, laß diesen Kelch an mir vorübergehen; doch nicht mein, sondern Dein Wille geschehe!“ Zu dieser Aufgabe als Wächter will ich mir Kraft holen in Deinem Kreuzweg. Herr, stärke mich und alle Kreuzträger mit Deiner Tapferkeit!“
Zur Station „Jesus begegnet seiner Mutter schreibt er:
„Jesus, Du wolltest, daß auch Deine Mutter Zeuge Deines Leidens wurde. Nicht Du wolltest eine Hilfe haben, sondern wir sollten uns im Kreuztragen durch ihre Nähe getröstet fühlen. Sie sollte als Leidträgerin uns Menschen im Leid verstehen lernen. Himmlische Mutter, steh Du mir zur Seite, wenn das Kreuz auf meinen Schultern liegt!“ (Zitatende)
Jesus hat uns seine Mutter zur Seite gestellt, wenn wir schweres Leid zu tragen haben. Dies kommt vor allem zum Ausdruck, wenn in einer Gemeinschaft von Glaubenden der Rosenkranz gebetet wird.
Und zur 14. Station „Der Leichnam Jesu wird in das Grab gelegt“ schreibt Gerhard Hirschfelder:
„Dein Leichnam, Christus, wird ins Grab gelegt, wo Du uns Dein heiliges Antlitz auf das Linnen zeichnest, das fromme Hände über Dich breiten. Bald aber kommst Du aus dem Grabe als Sieger hervor. Heiland, laß es mich stets als Trost empfinden, daß hinter jedem Leid wieder einmal die Freude kommt, hinter jeder Verdemütigung die Erhöhung! Mache mich tapfer, bis dahin auszuhalten!“
Ein Mithäftling schreibt:
„Für den Menschen und besonders den Priester, der sich nach dem Vorbild seines Göttlichen Herrn und Meisters ganz dem Willen Gottes ausgeliefert hat, war das KZ Dachau nicht fähig, das Bewußtsein zu nehmen, daß er auch im KZ ganz und gar in der Hand Gottes ist.“
Welch bewegendes Glaubenszeugnis kommt in diesen Kreuzweggebeten zur Sprache, welche Anerkennung aus dem Munde seiner Mithäftlinge. Wenn wir den Kreuzweg beten, denken wir an das Leiden Jesu, an das Leiden der Mutter Jesu und seiner Jüngerinnen und Jünger und zugleich an unser Leiden heute, unser persönliches Leiden und das Leiden in der Welt. Möge es uns doch nur gelingen, wie Gerhard Hirschfelder darauf zu vertrauen, daß wir ganz und gar in der Hand Gottes sind!
Dem Dichter des Hirschfelder-Liedes Winfried Offele ist es gelungen, die Bedeutung des Wirkens von Gerhard Hirschfelder über das Lied zu vermitteln:
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Lied für den seligen Kaplan Gerhard Hirschfelder
„Wir ehr’n zu dieser Stunde
dich, Schlesiens großen Sohn.
Das Lob aus unserm Munde
preist dich vor Gottes Thron.
Du warst in gottvergessner Zeit
gehorsam Gott dem Einen,
dem du dich ganz geweiht.
Du Sel´ger, den Gott sandte
den Menschen deiner Zeit,
der Gottes Recht bekannte,
zum Zeugnis stets bereit,
du brachtest Hoffnung, machtest Mut
den Schwachen, den Verzagten,
hilfreich und herzensgut.
Nicht feige sich zu tarnen
war deines Lebens Art.
Du wolltest wecken, warnen
mit Worten, klar und hart.
Du sagtest: „Wer den Glauben reißt
aus unsrer Jugend Herzen,
der ist von Teufels Geist.“
Du Mann voll Geist und Glauben,
Gott selbst war dir genug.
Du ließest dir nicht rauben,
was dich im Leben trug.
Du sätest Glaubensmut im Land,
heut ernten wir Versöhnung,
Feindschaft ein Ende fand.
Du gingst mit deinem Leben
in Christi Opfer ein.
Du wolltest dich nur geben
Ein Licht für andre sein.
Du littest Unrecht, Haft und Leid,
verfolgt ob deines Mutes,
Vorbild für jede Zeit.“
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Kaplan Gerhard Hirschfelder
(17.02.1907 - 01.08.1942)
Quelle: T. Fitych, CC BY-SA 4.0
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Auch auf der Buswallfahrt in diesem Jahr, die unter dem Leitwort des Heiligen Jahres stand: „Pilger der Hoffnung“, war wieder zu erfahren, wie sehr das Wirken von Gerhard Hirschfelder zur Versöhnung der Tschechen, Polen und Deutschen beigetragen hat.
Möge es uns gelingen, aus dem segensreichen Wirken des seligen Kaplans Gerhard Hirschfelder Kraft, Hoffnung, Mut und Zuversicht zu schöpfen.
Ursula Sindermann
Fachleiterin für Katholische Religionslehre im Ruhestand
(Vater Max Sindermann aus Schönfeld, Mutter Martha Sindermann,
geb. Bähr, aus Rosenthal)
in: Grafschafter Bote, Nr. 8/2025
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